Die Kunst nicht zu reden

Das kommt jetzt vielleicht nicht überraschend, aber ich bin jemand dem Small Talk abgeht. Lange Zeit habe ich den Zweck dieser banalen und sinnlosen Beschallung von Hausfluren, Kaffeeküchen oder Büros nicht verstanden. Sicher, sicher, es ist uns Menschen unwohl wenn wir ganz Still sind. Doch das ist meiner Ansicht nach gewöhnungssache. Leider mag sich außer mir niemand daran gewöhnen, also blicke ich dem Feind ins Auge.

Ich habe letztens ein Video gesehen in dem jemand zum Thema Small Talk etwas sehr weises und wahres gesagt hat. Niemand mag Small Talk wirklich, aber er ist einfach nötig um an die interessanteren Themen zu kommen. Small Talk überbrückt nur die Zeit bis man sich wohl genug fühlt oder sich gut genug kennt. Dann kommt man zum Kern.

Das ist so einfach wie logisch. Wenn Small Talk wirklich so funktionieren würde, dann könnte ich mich mit dem Konzept anfreunden. Ein höfliches Vorgeplänkel bevor die philosophischen Fragen in den Diskurs kommen. Wieviel könnte eine Gesellschaft erreichen die so miteinander interagiert.

In der Realität ist der Übergang aber fließend bis nicht vorhanden. Wie ich vom gebrauchten Kaffeeautomaten “soo überlebenswichtig” zu einer Bar komme, in der Wochenendpendler recht aufdringlich sind ist eine Frage für sich. Interessant ist das aber beides nicht. Das Problem ist eben die Perspektive. Was interessant ist bestimmt jeder selber und wie wir wissen ist der Mensch ein abscheulich egoistisches Tier.

So wurde aus dem alten Ritual, den Urlaub per Diaprojektor langweilig zu machen, das neue Ritual den Urlaub im Small Talk bis zum Quadrat auszutreten. Im Small Talk legt man auch dar wie man so ist “das habe ich mir von den afrikanischen Straßenhändlern aber nicht gefallen lassen”, oder auch nicht “da habe ich Trinkgeld gegeben, so kleinlich bin ich ja nicht”. Mein Problem ist, dass ich bei solchen Monologen (hiess es nicht Small Talk) nicht die Fa­çon wahren kann. Das lässt mich überheblich wirken wenn meine Gestik und Mimik die innere Agonie wiederspiegelt.

Das ist nervig, immer in diesem Mikrokosmos aus Alltagsbarbaritäten navigieren zu müssen, wenn man möchte das andere einen interessant finden. Dabei reden sie ja die ganze Zeit, nicht ich. So finden sie letztendlich nur ihre eigenen Geschichten interessant und den Fakt das man sie brav abgenickt hat. Gut zuhören können nennt sich dieser Softskill heutzutage im Managerdeutsch.

Würden sich doch nur alle an die Regeln halten. Dann wäre der Urlaub in ein paar Sätzen abgehakt und man könnte in aller Sachlichkeit diskutieren. Wieviel würden wir als Menschheit dann schaffen.

Schwarz, Braun, Goldgelb

Einer der Gründe, warum ich mir keinen Hund anschaffe, ist der Kot. Besonders die weitestgehend grünbefreiten Innenstädte bilden eine recht mäßige Kotentsorgestelle. Das merke ich tagtäglich auf dem Weg zur Arbeit. Es gibt nichts Besseres um Montagsmorgens wach zu werden als auf dem Weg zum Bahnhof die leichte Note von Braun No 5 in der Nase zu haben. Nur weil die Straße mit Bäumen gesäumt ist, welche ebenerdig in bürokratischer Rechteckigkeit den Asphalt unterbrechen, heißt das noch lange nicht, dass keine Kottüten zum Einsatz kommen müssen. Darauf hätte ich im Übrigen erst recht keine Lust, mit betüteter Hand in die warmen Hundeexkremente zu greifen. Das ist aber keine Entschuldigung für tatsächliche Hundehalter, sondern lediglich ein Argument gegen Hunde in Innenstädten.

Zuweilen geht es mit den schwarzen Tüten aber auch schief. Wie das Exemplar direkt hinterm Bahnhof zu erzählen weiß. Vor circa einer Woche muss jemand diese 1-Kilogramm-Tüte mit 2 Kilogramm Inhalt dort “vergessen” haben. In den nächsten drei Tagen verbreitete sich der Inhalt unter Tarnung von Schnee auf dem Gehweg. Dann schritt ein Genie daher und legte eine Bananenschale genau auf den schrumpfenden Haufen. Wieder einer dieser Alltagsbanksy’s, die für immer unerkannt bleiben werden. Die Sinnbilder Hundekot/Bananenschale auf Gehsteig als Tretmine des Alltags. Ich wünschte ich:
A. wäre selber darauf gekommen.
B. hätte das nie gesehen.

Inzwischen hat sich die Tüte um einen Poller gewickelt und der Rest ist überall verteilt. Ich wünschte die Leute würden das nicht als Negativbeispiel für Hunde auffassen. Die können ja nichts dafür. Vielmehr sollten wir das als Negativbeispiel für Menschen auffassen, die Hunde in Innenstädten halten.