Punkt 5

Der Tag hat schon schlecht angefangen:

  1. Montag.
  2. Um fünf Uhr aufgewacht und danach natürlich hellwach.
  3. Beim Frühstück merke ich, das die Müslipackung nur noch die Hälfte der empfohlenen Tagesration Lion Cereals enthält.
  4. Der Wasserstand der Milch ist noch deprimierender.
  5. Über mir brummt etwas.

Ok, Punkt 5 sollte ich vielleicht erläutern. Ich habe so eine IKEA-Papierlampe genau über dem Tisch hängen. Ich schaue also hoch und sehe eine Wespe durch und um die Lampe kreisen. Ihre nähe zur Lampe ist strategisch clever. Ich kann das Biest weder mit einer Zeitung klatschen, mit einem Glas fangen, noch mit Deo und Feuerzeug einäschern. Sonst wäre die Lampe kaputt, so einfach ist das.

Die Wespe hat hingegen freie Bahn mich beim ohnehin mäßig befriedigenden Frühstück mit Sturzflugfinten zu terrorisieren. Wespen und Spinnen schaffen das, mich unendlich zu terrorisieren. Den Krieg zu gewinnen heißt zu wissen wann die letzte Schlacht geschlagen wird, denke ich und ziehe mich zurück.

Mein Tag auf der Arbeit steigert das Unbehagen in neue Höhen. “Wir setzen uns heute Nachmittag mal zusammen wegen Thema XYZ.” Ein guter Rat von mir wenn dieser Satz fällt: Lasst alles fallen, geht aus dem Büro, verlasst unauffällig das Gebäude, bucht eine Schiffspassage und taucht in Mombasa unter.

Als ich dann schließlich entnervt und verschwitzt nach Hause kam, suchte ich die Wespe. Ich wollte sie erledigen und suchte lange. Schließlich habe ich einer düsteren Ecke eine Spinne entdeckt die eine Wespe in ihren Beinen hielt. Frisch eingesponnen, wie Fleisch in einer dieser weißen, aber doch ein wenig durchsichtigen Metzgereitüten.

Der Feind deines Feindes ist immer noch dein Feind. Aber wenn man sich raushält zerfleischen sie sich gegenseitg. Hätte ich mich bloß mal aus XYZ rausgehalten.

Die Melodie der Arbeit

Es gibt eine Menge kluge Köpfe auf der Welt. Viel mehr als wir alle glauben. Diese klugen Köpfe wurden einst von den Straßen, Schulen und Universitäten der Welt ins Arbeitsleben gedrückt. Mit Enthusiasmus und voller Tatendrang gingen sie ans Werk. Einige wenige haben sich nie von ihren Visionen abbringen lassen. Haben ihre ehrgeizigen Träume über alle Schwierigkeiten hinweg verwirklicht. Haben die Welt ein Stückchen besser gemacht.

Das sind die Handvoll Macher zu denen wir wehleidig aufschauen. Der Rest von uns ehemaligen Visionären singt nur mit. Kleingeistige Kollegen die hauptsächlich mit der Rettung ihres faulen Arsches beschäftigt sind. Vorgesetzte die My Way von Frank Sinatra erheblich zu ernst nehmen. Große Chefs deren Mut nicht mal über das Kleingeldfach der Firmenbrieftasche hinausgeht. Von dieser enggeistigen Kapelle wird jeden Morgen die Hymne der Arbeit gedröhnt.

Die cleveren Menschen wehren sich einige Zeit, wollen sich nicht verbiegen. Doch irgendwann stimmt man ein. Nicht weil es so besser wäre, geschweige denn akzeptabel funktionieren würde. Die Lüge von “der muss sich noch bei uns einleben” oder “der wird noch lernen wie wir hier arbeiten” kann diesen Leuten nichts vormachen. Aber letztendlich ist es einfach nur ein Abwägen zwischen Jahrzehnten Verzweiflung, Magenschmerzen, Ohrenpfeifen, Wut, Depressionen oder eben mitsingen.

Und so wird eingestimmt in die Kakophonie der Arschgeigen, wo Maestro Ego kurzsichtig mit dem Taktstock um sich schlägt.